Dienstag, 6. Dezember 2022

(6/24) Adventskalender mit 24 Erinnerungen an Bern: DIE ANTIQUITÄTENLÄDEN

 (6/24) ADVENTSKALENDER MIT 24 ERINNERUNGEN AUS BERN: Das 6. Türli gehört dem Antiquitätenhändler Ändu Gehrig vom Brockenkeller am Mittwoch und Ruedi Rüfenacht vom Petroleumlampenladen an der Brunngasse 50.



6:45 Uhr, ein ganz normaler Mittwochmorgen in den frühen 10er Jahren in Bern dieses Jahrhunderts. Ändu Gehrig, der Betreiber des Brockenkellers am Mittwoch beugt mit seinem Kombiwagen vom Mani-Matter-Stutz in die Rathausgasse ein. Der Antikschreiner Daniel Gerber, die Antiquitätenhändler Nick und Fräne von der benachbarten Münstergasse und ein privater Händler vom Mattequartier erwarten schon sehnsüchtig Ändus Ankunft. Um diese Uhrzeit brachte Ändu jeweils vom Berner Seeland neue Antiquitäten in seinen Brockenkeller.

Ändu ist nicht einmal aus dem Wagen gestiegen, schon umkreisten die Händler sein Auto und versuchten durch die Windschutzscheibe hindurch die neuen Trouvaillen zu erspähen. Auch ich war zu dieser frühen Stunde meistens bei Ändu anzutreffen. Denn ein neu eingetroffener Trichtergrammophon, ein preisgünstiger Sekretärtisch, ein Design-Plattenspieler oder ein aus Holz geschnitzter Schimmel wurden unter normalen Umständen bereits vor der Znünipause verkauft.
Ich liebe Antiquitätenläden und Flohmärkte, weil sie oft auch Märkte sind für neue Ideen und Projekte. So kaufte ich mit Tobias Minder Gattiker bei Ändu einst das senegalesische Zupfinstrument Kora. Die Saiten waren zwar nicht mehr gut bespannt, doch ich rief meinem lieben Freund Mamadou Bayfall Sylla an und fragte ihn, ob ich das neu ersteigerte Instrument einem Koraspieler zum Bespannen vorbeibringen darf.
Am darauf folgenden Sonntag lud mich Mamadou bei sich zu Hause ein, wo ich auf Baye Fall Abdou Diop traf. Da Mamadou ein Nachbar meiner bulgarischen Mitaktivistin Valentina Velkova war, fragte ich sie, ob sie mit ihrem Cello auch vorbeikommen möge. Und da beide Vollblutmusiker mit nur wenigen Hemmungen sind, fingen sie miteinander auf Mamadous Terrasse zu musizieren an. https://www.facebook.com/677872161/videos/10158358891172162
Daraus sind nun schon mehrere Konzerte https://www.facebook.com/photo/? fbid=10160430969316802&set=a.10150140599306802, Jam Sessions mit tanzendem Publikum https://www.facebook.com/kurtishaj.regula/videos/10223343835692525 entstanden und sogar ein Anti-Rassismusprojekt der Stadt Bern konnte mit dieser neuen bernisch-bulgarisch-senelgalesischen Ko-Produktion gegründet werden. Geschichten, die kluge Einkäufe bei Ändu schreiben.
Da ich auch ein ausgesprochen grosser Liebhaber vom Petroleumlampenschein bin, soll auch Ruedi Rüfenachts Laden mit einem Gedicht geehrt werden. Sowohl Ruedi als auch Ändu sind in den letzten Jahren verstorben. Die gute Nachricht: Die Vermieterin vom Brocante-Keller Elisabeth Röthlisberger vermietet den Keller an der Rathausgasse 49 dem Bruder vom Urig-Bern-Gründer weiter. Er heisst Martin und hat immer noch geöffnet, nun allerdings am Donnerstag.
Ein oft gesehener Besucher des Brockenkellers, war übrigens auch der Schauspieler Marcus Signer #srfwilder, der heute seinen Geburtstag feiert.
Vielleicht suchst Du am Zahltag
Nicht-alltägliches für den Alltag?
Geh zur Brunngass Fünfzig
Da gibt's 'nen Laden, so winzig.
Hast Dich erst mal überwunden
Ist die Gegenwart verschwunden
Kommst in eine andere Zeit
Nämlich die Vergangenheit.
In das kleine bunte Zimmer
Gehst Du, wenn Du keinen Schimmer
Hast von dem was Du willst kaufen
Und nicht willst zum Loeb hinlaufen.
Was auf Dich wartet an dem Orte
Dafür braucht's nicht viele Worte
Denn die Symbolik alter Zierde
Weckt in Dir die Kaufbegierde.
Rüfenacht hat viel gesammelt
So ist sein Laden voll gerammelt
Mit Kunst und Krempel aller Art
Seit 1956 am Start.
Ob jung, ob alt, ob Türk, ob Russe
Herr Rüfenacht nimmt sich die Musse
Zu finden deren Sprache
Dies ist seine grosse Gabe.
Aller Kram ist bei ihm zu haben:
Fernrohr, Siegel, alte Gaben.
Dort kaufst Du Dir das Glück zurück
Mit Schnickschnack Stück für Stück.
Hälst Du Deine Augen offen
Bleibt Dir darin nichts verschlossen
Streck Dich, beug Dich, knie Dich hin
Schaue, Staune, find' den Sinn.
Siehst den Zweck des Klimbims nicht
Frag den Herrn, er bringt dir Licht.
Er weiss von allem zu berichten
Kennt die Hintergrundgeschichten.
Suchst ein Geschenk für Deine Tante
Wie wär's mit 'ner Petroliumlampe
Gerade in der Welt des Lichts
hat er Alles oder Nichts.
Heute ist Licht grell und kalt
Da bringt eine Lampe alt
Viel Romantik in den Raum
Für die Liebe ist's ein Traum.
Hast Du heute Zeit verloren
Fühlst Du Dich nicht ausgegoren
Geh noch vor dem z'Nacht
Zu uns'rem Ruedi Rüfenacht.
Gedicht: Kurt Gallus Schmid und Stefan Theiler
Nicht-alltägliches für den Alltag.
Petrollampen Rüfenacht: Reperaturen und Ersatzteile, Brunngasse 50.
PS: Dass man Petroleumlampen auch zu Räucherschalen umfunktionieren kann, zeigt Michael Ralph Sölch in diesem Video: https://www.facebook.com/677872161/videos/10158469315982162
Eine Übersicht über die Vielfalt an Antiquitätenläden anno 2015



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